Zu den Ausschüssen III – Der Bauausschuss
11.06.2022 //
Ich habe gleich zu Beginn der Gemeinderatsperiode davon gesprochen hier der Reihe nach auf die einzelnen Gemeinderatsausschüsse einzugehen und zu analysieren. Aus aktuellem Anlass möchte ich mit dem Bauausschuss beginnen, der nunmehr „Bau-, Raumordnungs- und Infrastrukturausschuss“ (BRIA) heißt. Ich versuche meine Analyse hier in verschiedene Bereiche zu gliedern:
- Ist es sinnvoll den Bauausschuss mit dem Infrastrukturausschuss zusammenzulegen?
Meine Meinung: nein. In der vergangenen Gemeinderatsperiode waren der Infrastruktur- und der Bauausschuss getrennt und das war auch gut so, weil beide Ausschüsse genug zu tun hatten und gerade GR Michael Ecker (BFS) als Obmann des Infrastrukturausschusses seine Expertise als damaliger Bauhofmitarbeiter in Seefeld einbringen und VBM Alexander Gaugg (BFS) als Baumeister, Geotechniker und Vermesser die seine in der Leitung des Bauausschuss zeigen konnte. Der Bauausschuss sollte eigentlich hauptsächlich planen, beurteilen und in die Zukunft bei Projekten denken (das schließt natürlich Sanierungen nicht aus). Der Infrastrukturausschuss denkt zwar auch in die Zukunft, aber sollte sich hauptsächlich mit dem Erhalt von bestehenden Einrichtungen beschäftigen. Nimmt man noch dazu, dass die Zahl der zu erhaltenden Einrichtungen in Scharnitz durch die Übernahme der ehemaligen Durchzugsstraße samt Isarbrücke in den Gemeindebesitz übergegangen sind, die Aufgaben von Schneeräumung bis Kanal durch die Erschließung neuer Flächen innerörtlich oder in Gießenbach nicht weniger werden, sollte man eigentlich schon die beiden Ausschüsse getrennt halten.
Mir ist bewusst, dass Befürworter (auch ehemalige Mandatare der BFS-Liste gehören dazu) der Meinung sind, wenn in beiden Gremien immer die selben Leute sitzen, dann braucht es nicht zwei separate Ausschüsse. Wenn es denn so ist, dann mag das zwar grundsätzlich richtig sein, aber ich es schon einmal für falsch, wenn man überhaupt in beide Gremien die gleichen Leute hineinsetzt – es gibt doch auf allen Listen viele kompetente Menschen, die in den Ersatzreihen zu finden sind, damit sich das qualifizierte Personal für zwei Ausschüsse wohl finden lassen würde.
Aus der Geschichte heraus wissen wir, dass in Scharnitz – insbesondere unter dem Duo Peter Reinpold und Anton Mair – der Bauausschuss quasi eine Art „Hauptausschuss“ war. Während andere Ausschüsse nicht einmal getagt haben, hat sich der Bauausschuss einen Ruf erarbeitet ein „Ausschuss für eh alles“ zu sein. Selbst wenn der aktuelle Bauausschuss nun von Peter Reinpold geleitet wird, ist die Zeit aber nicht stehen geblieben und haben sich die Aufgaben verändert. Es wäre schon clever gewesen die Aufgabengebiete zwischen Infrastruktur- und Bauausschuss neuerlich aufzuteilen und vielleicht sogar die eine oder andere Optimierung zur Vorperiode herbeizuführen. So hätte man dem Infrastrukturausschuss nicht nur Verkehr (also Straßen, Brücken, Parkplätze, Schneeräumung), sondern auch Abfallwirtschaft (Müllabfuhr, Recyclinghof), Wasserversorgung und Abwasser (Kanal und Erweiterung), Beleuchtung, Energie und Energieautarkie (alternative Energieträge müssen nach dem Endziel der Abschaffung fossiler Energieträger auch in Scharnitz hohe Priorität haben), Bauhof (Personal, inklusive Fuhrpark), Digitalisierung und Breitbandausbau (eines der wichtigsten Themen auf allen politischen Ebenen!), öffentlicher Personennahverkehr (Zusammenarbeit mit der Bahn, VVT für Regiobus, Schülertransport, etc.) und vieles andere mehr geben können. Alleine diese spontane Aufzählung der Aufgabenbereiche sollte jedem zeigen, dass den engagierten Gemeinderäten eigentlich die Arbeit nicht ausgehen sollte. Noch im Februar dieses Jahres haben wir über Wasserleitungen und Hochbehälter gesprochen, wir hatten die Brücken als Thema – normalerweise benötigt man hier mehr Personen als nur die
„fantastischen Fünf“, die nun im Bauausschuss sitzen. Und ich denke, Peter Reinpold würde mir sogar recht geben, dass die Aufgaben des Bauausschusses ja auch nicht weniger werden, sondern mehr – sonst hätte er mit seinem Team nicht bis spät in die Nacht Sitzungen abhalten müssen.
Ach ja – bevor ich es vergesse: die Dorfreinigungsaktion (heuer wieder: „Tirol klaubt auf“) hat der Sozialausschuss vom Infrastrukturausschuss kompetenzmäßig geerbt, wie im Protokoll der Sitzung vom 05.05.2022 nachzulesen ist. Ich weiß nicht, wie das andere so sehen, aber für mich ist die Kompetenzzuordnung in diesem speziellen Fall irgendwie Zynismus.
- Personeller Engpass?
Bevor ich auf die Zusammensetzung des Ausschusses eingehe, ein grundsätzliches Wort: ich begrüße es außerordentlich, dass der Gemeinderat so schlau war, um den Gemeindevorstand mit Ersatzmitgliedern auszustatten. Es ist mir aber rätselhaft, wieso sich diese Praxis nicht auch für die Ausschüsse hat einrichten lassen. Es gibt so viele gute und kompetente Veteranen auf den verschiedenen Listen, dass es doch möglich gewesen wäre, einige Listenmitglieder aus den Ersatzrängen in den Ausschuss zu nominieren. Ich schätze die Bauausschussmitglieder sehr, aber angesichts der vielen Aufgaben frage ich mich schon, wann sie beginnen werden sich mit hängender Zuge für die Sitzungen zu entschuldigen und dann stellt sich Frage, können Drei-Personen-Ausschüsse überhaupt tagen bzw. wird es schwieriger Termine für Sitzungen in Vollbesetzung zu finden?
Ich hätte dem Gemeinderat geraten, auch in den Ausschüssen auf Ersatzmitglieder zu setzen und dort Leute hineinzunominieren, die eine gute Ergänzung für das „Hauptteam“ sind.
Diese Kritik wird sich übrigens in allen Ausschussanalysen wiederfinden.
- Kompetenz im Ausschuss
Immer wieder regieren Scharnitzer mit Erstaunen, wenn ich über GV Peter Reinpold (SMI) Worte des Lobs verliere. Ich meine das aber durchaus ehrlich, wenn ich positiv über seine Qualifikation und Fachkompetenz spreche. Und die vielen Jahre im Gemeinderat (auch wenn sich vieles in den letzten zwei Perioden geändert hat) sind natürlich immer hilfreich, wenn er über verschiedene Orte, Felder und Bauplätze in der Gemeinde spricht. Daher ist es logisch, dass er eine wichtige Funktion im Bauausschuss einnimmt und sogar einnehmen muss. Ich habe mir mehrfach die Frage gestellt, ob ich ihn – wäre ich in der Position gewesen das mitzuentscheiden – auch zum Obmann des Bauausschusses gewählt hätte. Das Interessante ist, dass ich das sehr wohl befürwortet hätte, weil er ja wirklich kompetenzmäßig die beste Wahl ist – das, was mich aber in meinen Überlegungen hätte zögern lassen, ist die politische Agenda, die GV Peter Reinpold verfolgt. Ich weiß nicht, wie sich das in den kommenden Jahren auswirken wird, aber noch in seinem Wahlkampf hat er gegen den Bau einer M-PREIS-Filiale gekämpft. Seine Einstellung zur Errichtung von Neubauten habe ich in vergangenen Gemeinderatsperiode zusammengefasst als großes Stoppschild erlebt. Wäre er damals Bürgermeister gewesen, das Naturparkzentrum wäre unter ihm nie gebaut worden. Wenn jemand, den ich in einer Sitzung sagen gehört habe, dass es bereits jetzt zu viele Leute in Scharnitz gäbe, die eigentlich gar nicht hierher gehören würden, dann mag das ja in die Baustopp-Philosophie passen, aber würde ich ihm dann die Verantwortung für die Umsetzung des Gewerbegebietes mit zahlreichen neuen Ansiedelungen in die Hand geben?
Ich weiß nicht, was sich BGM Christian Ihrenberger (GFS) und seine Fraktion gedacht haben, aber entweder unser neuer Bürgermeister ist viel machiavellistischer als ich ihm zugetraut hätte (und das meine ich ausdrücklich als Kompliment!) und denkt sich, es gibt bei M-PREIS und Gewerbegebiet weniger Widerstand aus der SMI-Fraktion, wenn deren Fraktionsführer selber die Umsetzung organisieren muss, oder die GFS gibt sich der Naivität hin, dass die Friede-Freude-Eierkuchen-Zusammenarbeit auch bei Themen funktioniert, wo eine Fraktion – nämlich die des Bauausschussobmannes – eigentlich keine neuen Bauprojekte in der Gemeinde befürwortet. Ich erinnere, dass ein Ausschussobmann die Sitzungen und Tagesordnungspunkte selbst vorgibt. Wenn er etwas nicht behandeln will, dann geschieht nichts. Dann liegt es in der Hand des Bürgermeisters einen möglichen Sillstand zu beenden.
Ich weiß nicht, wie sich die Obmannschaft von GV Peter Reinpold (SMI) längerfristig auswirken wird, aber dass er bereits zweimal kurzfristig Anträge auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung setzen ließ und im Themenbereich M-PREIS und Gewerbegebiet aktuell relativ wenig Neues zu hören war, kann natürlich eine Verkettung von Zufällen sein, aber es gilt die Augen und Ohren offen zu halten. Ich hoffe nicht, dass Projekte, die die SMI nicht wirklich haben will, deshalb verschleppt oder verzögert werden, sondern dass jeder – auch der Bauausschussobmann – mit Eifer an einer optimalen Umsetzung arbeitet.
Nun zu den anderen Mitgliedern, wobei ich mich jetzt weniger mit Patrick Borth (GFS) oder Peter Leismüller (FS) auseinandersetzen möchte, sondern mit Felix Auer (GFS) und Marc Rupf (FS). Es ist kein besonders gut gehütetes Geheimnis, dass Felix Auer für mich immer schon die Idealbesetzung für den Bauausschuss war und ich auch zu BFS-Zeiten immer bei unserer Fraktionsspitze dafür geworben habe, ihn für eine Mitarbeit im Gemeinderat zu gewinnen. Dass Christian Ihrenberger ihn auf seiner Liste hat, ist einer von mehreren Punkten, wo er (und seine Mitstreiter) eine sehr gute Personalauswahl getroffen haben. Marc Rupf habe ich erst nach der Wahl kennengelernt. Er ist ursprünglich aus Deutschland und ein junger und engagierter Architekt. Ich mag seine offene und aufgeschlossene Art sehr und glaube, dass er nicht nur fachlich sondern auch menschlich zu jenen Mandataren gehört, mit denen man sehr gut zusammenarbeiten kann. Ich hoffe, dass ihm die Gemeindepolitik die Wertschätzung entgegenbringt, die er sich verdient hat. Das gilt übrigens für alle Mitglieder des Bauausschusses.
- Das drohende Unheil
Fassen wir zusammen: wir haben einen Ausschuss, der eigentlich nicht zu viele Themen (nämlich jene der Infrastruktur) bearbeiten sollte und dem durch den Verzicht von Stellvertretern droht, irgendwann an seine Überlastungsgrenze zu kommen. Dass dies auch ganzen Fraktionen passieren kann, hat in der vergangenen Periode die De-facto-Auflösung der Fraktion „Scharnitz 2016“ eindrucksvoll bewiesen. Auf der Habenseite sitzen im Ausschuss gute und kompetente Personen, die zumindest thematisch nicht von der Stunde Null an im kalten Wasser gelandet sind. Die Frage ist natürlich, ob diese Konstellation mit einer Krisensituation zurecht kommt?
Ich habe erfahren, dass unser aktueller Bauamtsleiter Johannes Kuba das Feld räumen wird und uns verlässt. Über die näheren Hintergründe will ich hier nicht referieren, weil es mir weniger um Hintergrundtratsch als vielmehr um die Situation für Scharnitz geht. Für all jene, die es nicht wissen: Scharnitz teilt sich mit der Gemeinde Reith b.S. einen Bauamtsleiter, wenngleich der Aufteilungsschlüssel für seine Aktivitäten nicht bei 50:50, sondern bei 30% (Scharnitz) und 70% (Reith), liegt. Wie nun zu erfahren war, hat der Bauamtsleiter angesichts seines baldigen Tätigkeitsendes in Reith bei der Gemeinde Scharnitz angefragt, ob man ihn vielleicht dort stundentechnisch erhöhen würde, wobei er auch bereit gewesen wäre, andere Aufgaben in Scharnitz für die Gemeinde zu übernehmen und nicht nur die eines Bauamtsleiters. Die Gemeinde Scharnitz ist diesem Vorschlag nicht näher getreten, weshalb sich die Frage stellt, was nun nach dem baldigen Abgang unseres Bauamtsleiters passiert. Meine Vermutung wäre, dass sich das Arbeitspensum des Bauausschusses nicht gerade verringern wird. Ob sich dadurch schon jene Situation ergibt, die dazu führen kann, dass der Bauausschuss in absehbarer Zeit komplett mit seiner Arbeit überfordert sein wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Sollte dieser Umstand eintreten, dann ist jeder gut beraten die Trennung der Infrastruktur vom Bauausschuss und die Aufstockung der Ausschussmitglieder um Stellvertreter anzudenken.
Ob es wieder einen gemeinsamen Bauamtsleiter geben wird oder ob das nur ein vorübergehendes Arrangement war, wird sich zeigen. Ich bin jedenfalls schon neugierig, wie sich die Situation entwickeln wird.
Wer noch die anderen Artikel zum Thema Gemeinderatsausschüsse nachlesen will:
- 20.03.2022 – Zu den Ausschüssen I – Der Überprüfungsausschuss
- 16.05.2022 – Zu den Ausschüssen II – Wieso Ausschüsse wichtig sind